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Winterzeit = Malzeit (nein, nicht Mahlzeit ;)

Ja, ihr habt richtig gelesen, Malzeit. Wobei so ein paar Tage nach Weihnachten denken wir wohl alle an die bereits genossenen üppigen Mahlzeiten und an die, die noch kommen werden zu Silvester und am Neujahrstag.


Für mich ist die kalte und dunkle Winterzeit perfekt zum Malen. Die Abende sind lang, bereits um fünf Uhr am Nachmittag ist es finster und ich ziehe mich ins Haus zurück. Es sind wahre Musestunden, auch wenn ich keine Muse wie die großen Künstler bei der Hand habe. So stelle ich die Staffelei im Studio auf, die das ganze Jahr am Dachboden auf diesen Moment gewartet hat, schütze den Tisch mit einem großen Karton und packe meine Farben aus. Ich selbst schlüpfe in eine meiner Gudrun-Sjöden-Tuniken. Warum? Ich liebe die Malkleider, die Gustav Klimt immer trug und die ich an seiner Emilie Flöge so bewundere - und irgendwie erinnern mich meine Tuniken daran, fühle ich mich gleich ein bisschen künstlerischer. Kindisch, ja, sicher. Aber ich steh dazu und: tut es nicht gut, sich für was auch immer schick zu machen? Meine Professorin in Visual Merchandising und Innenraumgestaltung gab uns den Tipp sich immer fesch zu machen für eine Tätigkeit. Nicht mit der alten gammeligen Jeans zum Reiten, sondern sich eine hübsche Reithose gönnen. Ein smartes Polo-Shirt zum Golfschnuppern oder eine Trachtenbluse zum Kirtag. Ich finde sie hat recht - es gelingt gleich besser, man fühlt sich wohler und ehrlich: das sind wir uns auch wert!


Nun in meinem schwedischen Gudrun-Sjöden-Outfit steht ich vor der Staffelei, Plan gibt es keinen. Es ist schon lange her, dass ich freie Zeit vor einer Leinwand verbringen durfte oder mir genommen habe. Vor den Kindern - und die sind nun schon erwachsen. Aber ist es nicht so wie mit dem Radfahren, man verlernt es nie?


Der Horizont ist schnell gefunden, eine abstrakte Landschaft soll es werden. Spannend, die Brauntöne sprechen mich an. Gerade sie sind es, die ich normalerweise vernachlässige, die ich nicht so recht mag. Aber heute schlägt offenbar ihre Stunde. Doch bevor es los geht, probiere ich die neu erworbene Strukturpaste aus. Erste Linien und Flächen entstehen, die Hügel am Horizont entstehen. Trocknen lassen und schon geht es los. Von dunklem Braun bis hellem Ocker, von tiefen Tälern und hohen Bergen - meine Landschaft nimmt Gestalt an. Am Horizont, dort wo die Berge in den Himmel übergehen, kommt ein tiefes Blau - nach unten ausgeblendet, am Übergang zum Himmel strahlend, aber fein im Strich. Ist es zu dick, wirkt es plump. Zuletzt als alles schon fast trocken ist, kommt das neue Gold hinzu, das ich mir geleistet habe.


Wenn bei mir die Kataloge von Gerstaecker und Bösner mit der Post eintrudeln, ist es Verführung pur. Wie alle Farbenfreaks bin ich gut ausgestattet, aber es gibt immer noch etwas, das ich gefühlt unbedingt erwerben muss. Wo sich mir die Frage aufdrängt, wie ich es so lange ohne aushalten konnte. So war es mit den Gold- und Silbertönen, die noch dazu in Aktion waren....


Das Gold ist famous, ein echtes Gold und nicht ein Gelb, das vorgibt Gold zu sein. Gold ist für mich eine der schwierigsten Farben - hier an der Staffelei wie auch beim Lidschatten - es muss ein ein sattes, glänzendes Gold sein, eines das uns mit seiner Strahlkraft überzeugt.


Zuletzt geht es an den Himmel - erst eine Schicht in Weiß und dann minimal die Farben der Landschaft, es sind Promille, fast nicht zu sehen, nur zu spüren, die einen Hauch in die Sphären zaubern. Goldene Luftschichten machen das Finale aus.


Fertig, mein erstes Acrylbild seit Jahren - ehrlich seit Jahrzehnten, auch wenn mich das jetzt gefühlt furchtbar alt macht. Aber es soll und wird nicht das letzte bleiben - Malen und Zeichnen bekommen wieder ihren fixen Platz in meinem Leben. Was haben sie mir gefehlt, diese bunten Freunde!




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